Jakob von Gunten

Theater St. Gallen, Premiere am 15. April 2010

Oper von Benjamin Schweitzer

Musiakalische Leitung: Christian Schumann
Inszenierung: Johannes Schmid
Choreografie: Anna Holter

Der Schweizer Schriftsteller Robert Walser war zu Lebzeiten relativ unbekannt. Heute zählt er zu den wichtigsten literarischen Figuren des 20. Jahrhunderts. Sein Roman Jakob von Gunten, der den Prozess des Werdens und Wachsens, wie ihn der klassische Bildungsroman kennt, vor dem Hintergrund des surrealen Innenlebens einer Erziehungsanstalt regelrecht dekonstruiert, hat der Nachwelt so manches Rätsel aufgegeben. Der deutsche Komponist Benjamin Schweitzer macht Walsers sich selbst versagende Logik in seiner gleichnamigen Oper aus der Sicht des heutigen Zeitgenossen hörbar, indem er mit seiner Musik eine Gegenwelt zu jener schildert, die wir tagtäglich erleben.

Ein junger Mann namens Jakob findet sich im Dienerinstitut Benjamenta ein. Er gibt sich von Anfang als Individualist. Die Begegnungen mit den Menschen dort verwirren ihn. Wer kann das Geheimnis des Lebens lüften? Ist es der Kollege Kraus, der Jakob wie ein «Gleichnis der Rechtschaffenheit» erscheint? Ist es Lisa, die Schwester des Schulleiters, die sich innerlich verausgabt, um Jakob in ihren Bann zu ziehen? Oder ist es Herr Benjamenta selbst, der sich Jakob zunehmend freundschaftlich nähert? – Was bedeuteteigentlich «Erwachsenwerden»? Nach dem einzigen Augenblick körperlicher Nähe zwischen Jakob und Lisa stirbt die Schwester des Schulleiters. Das letzte Bild der Oper zeigt eine Totenwache, der am Ende nur mehr Jakob und Herr Benjamenta beiwohnen. In Jakob streiten konträre Sehnsüchte. Was soll er denken? Wofür wird er sich entscheiden? …Das Leben ist schliesslich kein Zeitvertreib.